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Autorenbildisa morales

Umarme deine Unvollkommenheit

Aktualisiert: 3. Sept. 2020



Wir leben in einem Zeitalter der Perfektion, wie mir scheint. Von allen Seiten wird an uns herangetragen, dass wir noch besser sein müssen. In Firmen herrscht eine Perfektions-Kultur, die immer höhere und anspruchsvollere Ziele setzt. Alles soll reibungslos laufen, eine Null-Fehler-Toleranz ist an der Tagesordnung. Vor allem in unseren Breitengraden ist diese Kultur sehr verbreitet. In den USA sieht es ein wenig anders aus. Dort haben die Menschen nicht nur begriffen, wie Innovation richtig funktioniert, sondern auch, dass es keine Null-Fehler beim Menschen geben kann. Hier herrscht das ‘Trial-and-Error-Prinzip’ (Versuch und Irrtum), übersetzt heisst dies: Tun wir es und schauen wir, was dabei herauskommt.


Unser Denken und unsere Kultur ist im Zusammenhang mit Fehlern anders gelagert. Wir dürfen auf keinen Fall Fehler machen. Fehler sind schlecht und Menschen, die oft Fehler machen sind verpönt.

Machen wir Fehler, werden wir herabgewertet. Die Fehler-Kultur hat ein strenges Bewertungssystem. Diese Haltung ignoriert jedoch einen wichtigen und natürlichen Aspekt: Der Mensch lernt durch Fehler. Wir sprechen hier von Fehlern, die nicht durch Unachtsamkeit oder Flüchtigkeit entstehen. Doch ist der Begriff Fehler auch in Bezug auf das persönliche Leben anwendbar? Dazu später mehr.


Die Biologie der Fehler - Grundsatz


Was sind Fehler genau?

Als Fehler definieren wir Ereignisse oder Resultate, welche wir so nicht vorgesehen haben, etwas, was vom Richtigen abweicht, etwas, was Folgen haben kann. Es kann sich jedoch auch um eine irrtümliche Entscheidung handeln oder eine unüberlegte Handlung. Als Fehler bezeichnen wir also etwas, was wir in dieser Weise nicht haben wollten. Die Absicht ist richtig, das Endresultat entspricht nicht unserer Erwartung.


Von klein auf lernen wir, dass wir bewertet werden, unsere Handlungen haben ein Resultat zur Folge. Dieses wird gemessen. Unsere ersten Begegnungen mit dem Fehler-Prinzip erleben wir in der Schule. Uns werden Aufgaben aufgetragen, die wir lösen sollen. Wir sollen alles möglichst richtig machen. Die Prüfung. Nachdem wir die Aufgaben gelöst haben, werden die Resultate geprüft und bewertet. Jedes Resultat, welches nicht der Richtigkeit entspricht, gilt als falsch. Eine äusserst frustrierende Angelegenheit. In meinen Augen heisst dies jedoch nichts anderes, als dass wir etwas nicht richtig verstanden haben, wenn ein Resultat nicht richtig ausfällt. Wir gehen davon aus, dass jeder Mensch von Grund auf gewillt ist, das Richtige zu tun.


Kinder lernen den Schulstoff und geben das Gelernte wieder. Wenn sie also Fehler machen, bedeutet dies, dass sie die Aufgaben oder den Inhalt nicht verstanden haben. Das Bewertungssystem jedoch sagt: Es ist falsch. Nicht gut. Und hier kann die Spirale des ‘Ich bin nicht gut genug’ beginnen. Das Pflänzchen ist gesetzt und kann mit jeder weiteren Fehler-Erfahrung weiter gedeihen. Wenn sich Fehler wiederholen, steigt der Druck, welcher durch die Bewertung einhergeht. Denn die Bewertung sagt etwas über unsere Leistung aus. Diese wiederum ist an eine Skala gebunden. In der Schule werden wir mit unseren Mitschülern gemessen. Das ist nicht nur unfair sondern auch absurd. Denn mit diesem Prinzip entsteht nur eines: Die Angst davor, weitere Fehler zu machen und zu scheitern. Zu versagen. Wer sich andauernd vor einem Sturz fürchtet, wird irgendwann das Klettern aufgeben und verlernen.


Im Erwachsenenleben und insbesondere im Berufsalltag hat die Null-Fehler-Kultur andere Folgen: Menschen, die Fehler machen, verstecken sich. Sie verstecken ihre Fehler, denn sie haben Angst von den Folgen. In einem System, welches alle Fehler registriert, bewertet und kalkuliert, entsteht ein solch immenser Druck, dass nicht mehr entspannt gearbeitet werden kann. Dies führt zu einer vermeintlichen Perfektion, welche am Ende nur eine Verdeckung der Fehler ist. Nach aussen sieht alles prima aus, doch wenn der Fehler auffliegt, entsteht eine Kaskade von Folgen. Es ist schwer zu verstehen, weshalb sich diese Kultur etabliert hat. Grundsätzlich sollen Prozesse und Strukturen helfen zu vermeiden, dass bekannte Fehler auftreten. Dies ist ein sinnvoller und wirkungsvoller Ansatz. Doch anstatt Fehler zu identifizieren, um eine Verbesserung zu etablieren, werden die Fehler identifiziert um die Menschen zu identifizieren, welche diese Fehler gemacht haben.


Es ist dringend an der Zeit, von dieser Kultur wegzukommen. Denn es ist keine Schande, Fehler zu begehen. Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Es ist nur wichtig, dass die Fehler sichtbar werden, um die entsprechenden Massnahmen zu ergreifen, um diese in Zukunft zu vermeiden. Also ist ein Fehler eine klare Chance zur Verbesserung.


Wirf das Wort Fehler über Bord! Nenne sie Erfahrungen!


Doch wie sieht es mit Fehlern im persönlichen Leben aus? Aussagen wie ‘Das war mein Fehler, das hätte ich nie tun sollen.’ hören wir oft. ‘Das war ein Riesenfehler, wie konnte ich nur.’ Ich glaube, wir sollten im Leben nicht von Fehlern sprechen. Wir sollten sie Erfahrungen nennen.


Denn wir haben ziemlich sicher nicht absichtlich die eine Sache so gehandhabt, weil wir wollten, dass sie sich später als nicht richtig herausstellt. Unsere Absicht war eine gute. Wir haben erst im Nachhinein festgestellt, dass der Ausgang nicht dem entsprach, was wir uns vorgestellt haben.

Grundsätzlich bin ich überzeugt davon, dass die allermeisten Menschen in bester Absicht handeln und dass sie einfach das tun, was sie in diesem Moment für das Beste halten. Sie geben ihr Bestes, nur manchmal stellt sich heraus, dass das Beste nicht immer das Beste war. Dass wir – und das ist das Geheimnis dabei – immer rückwirkend betrachtet, eine Sache, ein Ereignis oder einen Ausgang bewerten. Denn hätten wir es vorher schon gewusst, hätten wir anders gehandelt.


Tja, das kann passieren. Es ist schlicht das Leben. Es nützt uns auch sonderlich wenig, uns im Nachhinein den Kopf darüber zu zerbrechen, ob oder wieso es ein ‘Fehler’ war. Tatsache ist, es ist so, wie es eben ist. Anstatt in Gedanken zu versinken, dem Kopfkarussell wilde und freie Fahrt zu gewähren, könnten wir uns überlegen, was wir jetzt tun wollen, um die Situation zu korrigieren oder zu verbessern. Den nächsten Schritt planen. Und schon sind wir bei der Veränderung, der Zielstrebigkeit, dem Mut und der Klarheit. Mehr zu diesen Themen findest du in den weiteren Blog Posts.


Vielleicht können wir uns in diesem Augenblick auch überlegen, ob wir Verletzlichkeit zeigen wollen. Es ist unglaublich, wie schnell Menschen in der Lage sind, sich in eine Situation zu bringen, aus welcher sie sich hinterher kaum mehr retten können. Ruhe bewahren, Klarheit schaffen und Entscheiden sind hier wirkungsvolle und hilfreiche Werkzeuge. Rückspiegel abmontieren, den Blick nach vorne richten und lernen. Weiterkommen und einfach nur hinnehmen, dass wir das nächste Mal etwas besser machen können. Wir können immer besser werden.


Mein Hack


Ich überlege mir jeweils:

· Was ist passiert?

· Weshalb entsprach ein Outcome nicht meiner Erwartung oder meiner vorgängigen Absicht?

· Was ist schief gelaufen?

· Weshalb?


Und handle bewusst:

· Ich verweile jeweils möglichst wenig lang in der Starre

· Ich suche aktiv nach einer passenden Lösung

· Ich gehe in Gedanken spielerisch die Möglichkeiten durch


Es gibt sie jedoch manchmal, diese Augenblicke, in denen ich einfach feststecke. Nicht weiss, wie ich mit einem Ereignis umgehen soll.


Die Vogelperspektive


Ich stelle mir vor, ich wäre meine beste Freundin. Sie würde meine Situation und meine Orientierungslosigkeit anhören und mir zu helfen versuchen. Oder du kannst dir vorstellen, dass eine zweite Person deine aktuelle Lage neutral betrachtet und dir sagt, was sie davon hält. Es kann sehr hilfreich sein, die direkte Betrachtungsweise zu verlassen und in die Vogelperspektive zu gehen. Nun hast du einige Hinweise, die dir helfen, weiterzukommen. Lass dir Zeit, bleibe ruhig und so gelassen wie möglich.


Das Erfolgs-Journal (Tagebuch)


Du bist unvollkommen. Wir alle sind unvollkommen. Das ist gut so. Wir müssen nicht perfekt sein, in keinem Bereich. Denn wir sind Menschen. Wir leben, wir entscheiden, wir handeln und wir versuchen meist, das Beste zu geben. Gut ist gut genug. Wenn du deine Messlatte sehr hoch ansetzt, kann es gut sein, dass du sie nicht erreichst, immer wieder nicht erreichst. Du schaffst dir damit nur Frustration und Verzweiflung, oder Unzufriedenheit. Es macht keinen Spass, Zielen nachzujagen, die nicht erreichbar sind. Und das Leben ist definitiv mehr als ein Spiessrutenlauf ohne Aussicht auf Erfolg. Setze dir kleine Ziele, setze die Messlatte herab.


Jedes Mal, wenn du etwas schaffst, wenn du dich über deinen Erfolg freust, wirst du mehr Kraft verspüren und motiviert sein, weiterzukommen. Versuche es mit einem Erfolgs-Journal. Es funktioniert wie ein Tagebuch, nur notierst du darin ausschliesslich deine Erfolge. Keine anderen Gedanken, nur Erfolge. Du kannst dies täglich machen, abends beispielsweise, oder wöchentlich, je kürzer die Abstände, je besser dein Zugang zu deinen Erfolgen.


Es ist das Gleiche wie mit der Dankbarkeit: Jedes Mal, wenn du dich mit deinen Erfolgen auseinandersetzt, schärfst du dein Bewusstsein. Du nimmst wahr und beobachtest, was du alles geschafft hast. Deine Zuversicht und dein Glauben an dich selbst werden wachsen, genauso wie dein Selbstvertrauen. Auf einmal wird dir bewusst werden, wie viele Erfolge du tagtäglich erlebst! Eine tolle Sache – ein Mindset-Shift, also eine Verlagerung deiner Bewusstheit.


Hab dich selbst lieb


Und sei nicht zu streng mit dir selbst. Behandle dich selbst, wie du deine Liebsten behandelst. Sei mitfühlend und nachsichtig, gehe liebevoll mit dir um. In diesem Leben geht es nicht darum, möglichst viel zu erreichen, die Beste/der Beste zu sein, perfekt zu sein. Vergleiche dich nicht mit anderen – hierzu mehr im Blog Post ‘Die Kraft der Dankbarkeit’. Sei du selbst, setze dir erreichbare Ziele und freue dich darüber, dass du wieder ein Stück weitergekommen bist!


Zum Schluss: Nimm nicht alles allzu ernst. Es geht vorbei. Alles geht vorbei.

Dies ist ein Ratschlag, der mir jemand mal gegeben hat, als ich mich wirklich in einer verzwickten Sackgasse befand und einfach nicht weiter kam. Und es ist wahr: Alles geht vorbei. Das Leben besteht aus Veränderung. Und du kannst dir sicher sein, die nächste Herausforderung lauert schon hinter der nächsten Ecke.


Nimm es mit Leichtigkeit. Wir können nicht verhindern, dass wir im Leben immer wieder unschöne Erfahrungen machen, Dinge schief laufen, aber wir haben definitiv die Macht, die Dinge in die Hand zu nehmen, die Segel neu zu setzen und weiter zu gehen. Und: Humor hilft übrigens sehr!


Wir alle sind vollkommen unvollkommen – oder umgekehrt.

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